Just the Wind

98 Minuten | FSK 12

Ungarn heute, unter der rechtsgerichteten Regierung von Viktor Orbán. Gewalt gegen Roma, Schikanen, Rassismus, Rechtsextremismus – Akte der Barbarei mitten im zivilisierten Europa. Die Gewaltserie in den Jahren 2008 und 2009 forderte sechs Menschenleben, es gab Dutzende Schwerverletzte. Man las es in der Zeitung und blätterte weiter. Bence Fliegauf, Jahrgang 1974, hält mit einer fiktiven Geschichte voller unerbittlichem Realitätssinn und poetischer Intensität dagegen. Ein stiller Film, so grausam still, dass es einem den Atem verschlägt, ein Film, der den Silbernen Bären erhielt und den die ungarische Regierung als Angriff auf die Ehre der Nation empfand. Ein Film, der einen Tag im Leben von Mari und den Kindern vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang schildert. Vielleicht ist es ihr letzter Tag in diesem „Wendekreis der Angst“. So nannte es die Jury des Friedensfilmpreises, als sie JUST THE WIND ebenfalls auf der Berlinale auszeichnete, während Mitarbeiter der ungarischen Botschaft Flugblätter mit Warnhinweisen verteilten. Rassistische Übergriffe gebe es überall auf der Welt, und zudem habe Ungarn ein ehrgeiziges Integrationsprojekt für seine Minderheit gestartet. Just the Wind sei kein Dokumentarfilm, sondern reine Fiktion.


Die Nachricht verbreitet sich in Windeseile: In einem ungarischen Dorf wurde eine Roma-Familie ermordet. Die Täter sind entkommen, niemand will eine Ahnung davon haben, wer das Verbrechen begangen hat. Eine andere Roma-Familie, die nahe dem Tatort lebt, sieht sich in ihrer latenten, mühsam verdrängten Angst bestätigt. Die Familie, von rassistischem Terror bedroht und von einer schweigenden Mehrheit im Stich gelassen, versucht den Tag nach der Tat zu überstehen. Mari geht ihrem Job bei der Autobahnmeisterei nach, sammelt unter der glühenden Sonne Müll neben der Fahrbahn auf und kommt zu spät zu ihrem Putzjob in der nächsten Stadt. Tochter Anna übersteht einen harten Tag in der Schule. Später kommuniziert sie via Skype mit ihrem Vater, der in Toronto lebt und die Familie nachholen will, sobald es ihm möglich ist. Anstatt die Schule zu besuchen, spielt Sohn Rió bei Bekannten Play-Station. Später dringt er in das nahe gelegene Haus der ermordeten Roma-Familie ein und sammelt einige Utensilien zusammen, die er in seinem Geheimversteck hortet. Und abends, als die Dunkelheit über das Dorf hereinbricht, rückt man im Bett noch enger zusammen als sonst. Doch die Hoffnung, dem Wahnsinn zu entkommen, erweist sich als trügerisch.

Credits

2011 | Ungarn, Deutschland, Frankreich

CSAK A SZÉL | R+B: Bence Fliegauf | K: Zoltán Lovasi | D: Katalin Toldi (Mari), Gyöngyi Lendvai (Anna), Lajos Sárkány (Rio), György Toldi (Großvater), Gyula Horváth (Ali), Emese Vasvári (Tante Rosi), Gergely Kaszás (Vater), Attila Egyed (Polizist Géza)

Trailer